* 28. Juli 1925, Sofia - 13. November 1997, Paris
André Boucourechliev gehört zu den wichtigen Akteuren der Zeit des Serialismus und der Aleatorik in Paris der 50er bis 70er Jahre. In seinen wichtigsten Kompositionen misst er den Interpreten entscheidende Freiheiten zu und führt sie mit wohldurchdachten Strukturen, Vorlagen und Anweisungen zu eigenen, spontan im Konzert entstehenden Lösungen seiner Musik, die in jeder Aufführung einmalig bleiben. Zu seinen wichtigsten Werken für Klavier zählen sein Klavierkonzert (1975), die 6 Etudes d'aprés Piranése (1975) und die verschiedenen mit Archipel I-V betitelten Werke in diversen Besetzungen. Neben seiner kompositorischen Tätigkeit war Boucourechliev auch als Pianist, Schriftsteller und Musikwissenschaftler tätig. Er schrieb unzählige Aufsätze über die Musik seiner Zeit aber auch Monographien über die alten Klassiker (z.B. über Schumann, Chopin und Beethoven).
"André Boucourechliev reste attaché tout au long de sa vie créatrice à une certaine poétique de l'indétermination - parfaitement compatible, selon lui, avec des formes fermées."
("André Boucourechliev blieb sein ganzes Schaffen lang einer gewissen Poetik der Undeterminiertheit verbunden - perfekt kompatibel, so seine Meinung, mit geschlossenen Formen.") Jean Ducharme (zitiert nach www.ircam.fr)
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PIANOVERSAL Hörtipps: André Boucourechliev
Zur Verbindung von Serialismus und dem indeterminativen Zugang zur Musik schrieb Boucourechliev:
"Die eindeutige Schiene der Werke von gestern, ihr unvermeidliches, vorhersehbares und beruhigendes Ergebnis, wird nun durch das Zufällige ersetzt, eine musikalische Zeit, die für tausend mögliche Endpunkte offen ist. Gestern, bis vor kurzem ein unnachgiebiges Organisationssystem, wurde die serielle Musik zu einer Form des Denkens, einer Lebensweise der Zeit in ihrer Diskontinuität und ihrem Zweckfreiraum, dem Moment, die flüchtigen Konstellationen eines Werks zu enthüllen.... ".
André BOUCOURECHLIEV, « Qu'est-ce que la musique sérielle ? », France Observateur, 591, 31 août 1961, p. 17. Repris dans A l'Ecoute, Paris, Fayard, 2006, p. 38.
Piano Concerto (1975)
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Claude Helffer, piano Orchestre National de France
Archipel IV
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Prodromos Symeonidis - piano. Live Februar 2006
Zu den 5 Werken, welche Archipel I-V genannt werden erklärt Boucourechliev seine Inspiration von einem längeren Aufenthalt in den USA:
"Es ist nicht die Entschuldsamkeit des Zufälligen, sondern die des Flüchtigen, des Unmittelbaren, das sich nicht wiederholt. Und ich denke, dass die Archipele aus diesen Kontakten hervorgehen; ohne die Vereinigten Staaten hätte ich die Archipele nicht geschrieben [....]3.". Der Einfluss von Earle Brown ist entscheidend: "In Browns Werk hört der Performer seinen Partnern zu und ist aufgerufen, frei auf das Gehörte zu reagieren, mit einem zu diesem Zweck entwickelten musikalischen Material (Available Forms I and II). Die Interpreten sind daher nicht die "Meister einer Form", sondern Teil eines unvorhersehbaren formalen Prozesses, der bei Bedarf erlebt wird. Es ist diese allgemeine Richtung, die die Archipele verfolgen und entwickeln[....]. Diese fünf Werke (1967-1971) wären ohne die amerikanische Erfahrung, aber auch ohne das gelebte Bewusstsein für das Erbe von Webern und Debussy Erbe undenkbar gewesen".
Quellen (www.ircam.fr):
André BOUCOURECHLIEV, « Qu'est-ce que la musique sérielle ? », France Observateur, 591, 31 août 1961, p. 17. Repris dans A l'Ecoute, Paris, Fayard, 2006, p. 38.
Entretien avec Jean-Ducharme 1993
André BOUCOURECHLIEV, Dire la musique, Paris, Minerve, coll. "Musique Ouverte", 1995, p. 182.
Archipel IV
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David Brooks - piano
Stony Brook University doctoral recital April 3, 2014
Archipel I (für 2 Klavier und 2 Perkussionisten (1966/67)
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Claude Helffer & Hakon Haustbö - piano, Roland Auzet & Jean-Pierre Drouet - Perkussion
6 Etudes d'aprés Piranése (1975)
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Claude Helffer - piano
Anarchipel (1970)
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Brigitte Sylvestre, Elisabeth Chojnacka, Françoise Rieunier, François-Frédéric Guy, Roland Auzet, Jean-Pierre Drouet.
Weiterführende Informationen über André Boucourechliev sind auf der offiziellen Website der "Fondation André Boucourechliev" zu finden:
www.boucourechliev.com
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André Boucourechliev: composer of the week Nr. 26 / Dezember 2018